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Die neue europäische Prospektverordnung

Aktueller Stand der Umsetzung und mögliche zukünftige Entwicklungen

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1. Die neue europäische Prospektverordnung


Bereits seit 2017 bzw. seit 2018 gelten Teile der neuen europäischen Prospektverordnung (VO (EU) 2017/11291 ; Prospekt-VO). Ab dem 21. Juli 2019 wird sie innerhalb der EU vollumfänglich und unmittelbar gelten, mit Ausnahme der bereits geltenden Teile. Mit der Prospekt-VO wird die bislang geltende Prospektrichtlinie (RL 2003/71/EG2 ; Prospektrichtlinie von 2003) aufgehoben. Der europäische Gesetzgeber hat sich mit dieser Verordnung zum Ziel gesetzt, zur Schaffung der Kapitalmarktunion beizutragen sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) den Marktzugang zu erleichtern. Sie regelt die Erstellung, Billigung und Verbreitung von Wertpapierprospekten und gilt für Dividenden- und Nichtdividendenwerte, welche öffentlich angeboten oder zum Handel an geregelten Märkten zugelassen werden sollen. Darunter fallen beispielsweise Aktien, Aktienanleihen, Schuldverschreibungen und Zertifikate.

1.1. Adressaten der Prospektverordnung


Die neue europäische Prospektverordnung gilt für Emittenten, Unternehmen und Finanzintermediäre, die bei der Emission von Wertpapieren ihrer Kunden mitwirken. Dies betrifft insbesondere Asset Manager, Banken in den Bereichen Capital Markets, Compliance und Recht sowie Kapitalmarktteilnehmer. Besonders betroffen von den Änderungen am Prospektrecht sind KMU sowie Emittenten, deren Wertpapiere bereits zum Handel an einem geregelten Markt oder einem KMU-Wachstumsmarkt zugelassen sind. Dies ist auf die neu eingeführten und erweiterten Erleichterungen hinsichtlich des Schwellenwerts, ab dem ein Prospekt veröffentlicht werden muss, sowie hinsichtlich der Sekundäremissionen zurückzuführen. Damit ergibt sich für diese Adressaten nicht unbedingt ein erhöhter Handlungsbedarf aufgrund von strengeren Regelungen, denen sie Folge leisten müssen. Vielmehr müssen sie überprüfen, ob sie von den Erleichterungen begünstigt werden, sich auf die Erleichterungen einstellen sowie bestehende Prozesse entsprechend anpassen und neue Prozesse schaffen.

Hinsichtlich der Schwellenwerte ist zu berücksichtigen, dass die Verordnung den Mitgliedstaaten einen Handlungsspielraum einräumt. Daher müssen Emittenten, Unternehmen und Finanzintermediäre auf die Umsetzung der Prospekt-VO in ihre nationale Rechtsordnung warten und anschließend prüfen, ob die Erleichterungen sie betreffen und ihre internen Prozesse anpassen und gegebenenfalls neue schaffen.

Ferner ist zu beachten, dass unter der „neuen“ Verordnung die bislang gültigen gestaltenden Rechtsakte auf Level 2- und 3-Ebene keine Anwendung mehr finden. In der Prospekt-VO sind Ermächtigungsgrundlagen für die ESMA vorgesehen, sodass hier mit weiteren Ausgestaltungen zu rechnen ist. Daher wird sich künftig wahrscheinlich weiterer Handlungsbedarf ergeben.

Was bedeutet das konkret für die Adressaten der Verordnung?

Sobald der bestehende Prospekt seine Gültigkeit verliert, müssen die der Prospektpflicht unterliegenden Institute und Kapitalmarktteilnehmer die neuen Anforderungen einhalten, die an sie gestellt werden. Es ist sinnvoll, sich rechtzeitig vor dem Ablauf der Gültigkeit des aktuellen Prospekts mit den neuen Regelungen und Anforderungen auseinander zu setzen, um diese zum Zeitpunkt des Inkrafttretens erfüllen zu können. Andernfalls drohen Bußgelder, Sanktionen und Schadensersatzansprüche nach den Maßgaben der nationalen Gesetzgebung.

1.2. Hintergrund/Historie der Prospektverordnung


Die Vorschriften zu Prospekten bzw. die Vorschriften, die grundsätzlich bei der Emission von Wertpapieren gelten, waren ursprünglich von den Mitgliedstaaten der EU individuell geregelt. Bereits in den 80er Jahren wurden die ersten Richtlinien erlassen, die den Prospekt betreffen. Seit dieser Zeit unterlagen die Vorschriften zum Prospekt immer wieder Neuerungen und Änderungen, die dazu beitragen, den gemeinsamen europäischen Markt zu fördern oder bestimmten Unternehmensgruppen den Zugang zum Kapital zu erleichtern.

Die Prospektrichtlinie von 2003

Die Prospektrichtlinie von 2003 (RL 2003/71/EG) geht zurück auf die Richtlinie 80/390/EWG aus dem Jahr 1980 „zur Koordinierung der Bedingungen für die Erstellung, die Kontrolle und die Verbreitung des Prospektes, der für die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse zu veröffentlichen ist“, die in die Richtlinie 2001/34/EG „über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen“ übernommen wurde. Ferner geht die Richtlinie von 2003 auf die Richtlinie 89/298/EWG aus dem Jahr 1989 „zur Koordinierung der Bedingungen für die Erstellung, Kontrolle und Verbreitung des Prospektes, der im Falle öffentlicher Angebote von Wertpapieren zu veröffentlichen ist“ zurück. Die Richtlinien von 1980 und 1989 führten einen lückenhaften und komplizierten Anerkennungsmechanismus ein und sollten verbessert, aktualisiert und zusammengefasst werden. Die Richtlinie von 2003 sollte die Qualität der Informationen verbessern, die Anlegern, die in der EU Kapital aufnehmen wollten, durch die Unternehmen zur Verfügung gestellt wurden. Hierzu wurde die Harmonisierung der Bestimmungen im Zusammenhang mit der Erstellung und dem Inhalt der Prospekte gestärkt. Außerdem wurde ein Verfahren für die einmalige Zulassung von Prospekten im Herkunftsland eingeführt, das in sämtlichen Ländern der EU verwendet werden konnte (sog. Einmalzulassung). Die Prospektrichtlinie war ein Instrument zur Vollendung des Binnenmarktes und sollte den Zugang zu Anlagekapital erleichtern, die Anleger schützen und die Markteffizienz sicherstellen.

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